Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat im März einen Entwurf eines Schreibens veröffentlicht, in dem es sich mit den vielen offenen Fragen bei der Dokumentation im Handel mit Kryptowährungen, NFT und den anderen Token beschäftigt.
Das Schreiben ist eine inhaltliche Überarbeitung und Ergänzung zu den bereits veröffentlichten Schreiben vom 10.5.2022 zu Einzelfragen zur ertragsteuerlichen Behandlung von virtuellen Währungen und sonstigen Token.
Steuerreports
Lange hatte die Praxis auf eine Antwort des BMF auf die Frage gewartet, ob die steuerlichen Tools, die einzelne Handelsplattformen (z.B. Bison) bzw. spezialisierte Anbieter (Blockpit, CoinTracking, Coin.ink, Koinly oder Pekuna) anbieten, anerkannt werden.
Leider findet sich in dem Schreiben keine konkrete Aussage, ob die Auswertungen dieser Anbieter grundsätzlich anerkannt werden. Das BMF-Schreiben beschreibt lediglich deren Existenz, ohne eine Bewertung abzugeben. Das hätte man auch nicht erwarten können, da das BMF die Programmlogik der Anbieter hätte prüfen müssen. Eine Art Zertifizierung durch das BMF wird es deswegen nicht geben, da ein solches Verfahren sehr aufwendig wäre.
Allerdings nimmt das BMF in seinem Schreiben an verschiedenen Stellen Bezug auf die von diesen Anbietern erhältlichen Dokumente und fordert den Steuerpflichtigen auf, diese bereitzuhalten. Insofern kann man schon indirekt davon ausgehen, dass bei Verwendung der Programme ein grundsätzliches Vertrauen in die Richtigkeit der Berechnung existiert. Zumindest kann man davon ausgehen, dass bei Verwendung der Programme der Steuerpflichtige seiner Dokumentationspflicht nachkommt und sich die Beweislast zum Nachteil der Finanzverwaltung umgekehrt, wenn diese der Auffassung ist, dass die Berechnung nicht richtig sei.
Privatvermögen
Das Problem bei den Steuerreports besteht häufig darin, dass diese, wenn es beispielsweise um die Frage geht, welche Transaktion innerhalb und welche außerhalb der Jahresfrist erfolgt sind, eine kumulierte Zahl auswerfen (z.B. CoinTracking: capital gains). An dieser Stelle fordert das BMF zur Belegung der Plausibilität regelmäßig einen Auszug der Reporteinstellungen zur Bestimmung der angesetzten Kurse und zum genutzten Verbrauchsfolgeverfahren (FiFo) aufzubewahren. Die Einstellung der Filter kann beispielsweise durch Screenshots gezeigt werden. Darauf weist das BMF ausdrücklich hin. Hinsichtlich der einzelnen Transaktionen behält sich das BMF vor, dass die Finanzämter die Transaktionsübersichten wie beispielsweise die CSV-Dateien anfordern können.
Diese Transaktionsübersichten sollten nach Auffassung des BMF mindestens den Klarnamen oder das Kürzel sowie die Zahl der jeweils betroffenen Einheiten, den Gewinn unter Angabe der Anschaffungskosten und des Veräußerungserlöses bzw. des Zeitpunkts und jeweiligen Kurses der An- und Verkäufe sowie ihre Haltedauer erkennen lassen.
Selbst erstellte Transaktionslisten werden ausdrücklich zugelassen.
Was darf das Finanzamt?
Um die Forderung des BMF, Daten vorzuhalten, rechtlich bewerten zu können, muss man folgenden Hintergrund kennen:
Anders als im Betriebsvermögen besteht im Privatvermögen nur die allgemeine Pflicht zur Mitwirkung bei der Aufklärung des Steuersachverhaltes. Die Forderung des Finanzamtes Unterlagen beizubringen, stehen immer unter dem Vorbehalt der Verhältnismäßigkeit. Wie weit im Hinblick auf Transaktionen mit Kryptowährungen und anderen Token das Finanzamt Unterlagen einfordern kann, ist bislang ungeklärt. Die Forderungen, die das BMF in dem zitierten Schreiben aufstellt, sind quasi eine Wunschliste der Finanzverwaltung.
Die Frage, die sich dann stellt, ist, was passiert, wenn diese Unterlagen nicht vorliegen oder nicht vollständig vorliegen. Erst dann kommt die Frage auf, ob die Forderungen des Finanzamtes verhältnismäßig sind. Das kann im Ergebnis nur ein Finanzgericht entscheiden.
Zu diesem Prinzip gibt es eine wichtige Ausnahme:
Bei grenzüberschreitenden Transaktionen gibt es eine erhöhte Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO. In diesen Fällen muss der Steuerpflichtige alle Beweismittel herbeischaffen, die zur Aufklärung des Sachverhaltes erforderlich sind. Er kann sich nicht darauf berufen, dass er Sachverhalte nicht aufklären oder Beweismittel nicht beschaffen kann, wenn er sich nach Lage des Falles bei der Gestaltung seiner Verhältnisse die Möglichkeit dazu hätte beschaffen oder einräumen lassen können.
In der Praxis dürfte dieser Fall eher die Regel als die Ausnahme sein, da die meisten Krypto-Börsen und Token-Plattformen ausländische Unternehmen sind.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass Transaktionsübersichten regelmäßig abgerufen werden müssen. Können diese Übersichten nicht vorgelegt werden, kann sich der Steuerpflichtige anders als bei einer rein inländischen Transaktion nicht darauf berufen, dass die Forderung Übersichten regelmäßig zu erstellen, eine unverhältnismäßige Forderung sei.
Dementsprechend geht das BMF davon aus, dass das Finanzamt diese Übersichten anfordern kann.
Werden diese nicht vorgelegt, können die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden, worauf das BMF in dem hier besprochenen Schreiben ausdrücklich hinweist.
Aufzubewahrende Daten
Nach Auffassung des BMF können die Finanzämter folgende Daten anfordern:
- Anschaffungszeitpunkt, angeschaffte Menge und Art des Anschaffungsvorgangs Anschaffungs-, Anschaffungsneben- (z. B. Transaktionsgebühren) und sonstige Kosten (z. B. für die Einrichtung eines Accounts) in Euro; Angabe des Marktkurses und der Handelsplattform bzw. der webbasierten Liste;
- Veräußerungszeitpunkt, veräußerte Menge und Art des Veräußerungsvorgangs (Kauf/Tausch) sowie genutzte Börse bzw. Handelsplattform;
- Unterlagen über Kauf- und Tauschvorgänge über Waren und Dienstleistungen unter Verwendung von virtuellen Währungen und sonstigen Token zur Ermittlung des für diese anzusetzenden Veräußerungserlöses;
- Dokumentation der gewählten Verwendungsreihenfolge;
- Dokumentation von Umschichtungen innerhalb von Wallets zur walletbezogenen Anwendung der Durchschnitts- oder FiFo-Methode
Unterschiede zwischen zentralen und dezentralen Plattformen
Eine Besonderheit gilt bei den dezentralen Plattformen, den Decentralized Exchange, DEX, wie beispielsweise Uniswap, SushiSwap, Balancer etc. Diese fungieren nicht als Händler oder Vermittler, sondern ermöglichen einen direkten Austausch der Coins (Peer-to-Peer). Dabei werden die Smart-Contracts direkt miteinander verkettet. Die Blockchain ist zwar öffentlich, läßt aber aufgrund der Pseudonymisierung keine Rückschlüsse auf den Eigentümer zu. Deswegen muss nach Auffassung des BMF der Steuerpflichtige die Verkettung dokumentieren. Dabei seien die bloße Überlassung des öffentlichen Schlüssels für die ertragsteuerliche Nachweisführung nicht ausreichend.
Anders ist die Situation bei den zentralen Handelsplattformen (Centralized Exchange, CEX) wie z.B. Kraken, Binance, Bitpanda oder Bison. Hier erfolgt in der Regel keine Eintragung in der Blockchain, sondern lediglich eine Aufzeichnung auf der Handelsplattform über die Bestände der Benutzerkonten. Insofern sind hier die Transaktionen leichter dokumentierbar als bei den dezentralen Plattformen.
Betriebsvermögen
Viel strenger als im Privatvermögen sind die Regeln im Betriebsvermögen. Werden die Coins oder Tokens beispielsweise in einer GmbH gehalten, sind die Transaktionen Bestandteil der Buchführung. Hier gilt die Regel keine Buchung ohne Beleg. Das bedeutet in der Konsequenz, dass jeder Kauf und Verkauf bzw. Tausch in Fiatgeld umzurechnen ist und diese einzelnen Transaktionen buchhalterisch erfasst werden müssen. Dies entspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoBD), auf deren Anwendbarkeit das BMF hinweist. Leider belässt es das BMF bei diesen allgemeinen Hinweisen, ohne die Aufzeichnungsanforderungen zu konkretisieren.
Fristen
Im Privatvermögen gibt es grundsätzlich keine Aufbewahrungsfristen. Das BMF verweist allerdings auf die Sonderregelung des § 147a der Abgabenordnung: Betragen die Einkünfte aus dem Handel mit Tokens und Kryptowährungen sowie aus nichtselbstständiger Tätigkeit und Vermietung und Verpachtung mehr als 500.000 € im Kalenderjahr, sind die Aufzeichnungen für 6 Jahre aufzubewahren.
Hier stellt sich häufig das praktische Problem, dass die Betreiber der Plattformen und die Anbieter der Steuer-Softwaren die Daten nicht so lange speichern. Insofern muss hier auf traditionelle Formen der Datenspeicherung zurückgegriffen werden.
Werden die Kryptowährungen und Token im Betriebsvermögen gehalten, sind die Unterlagen über 10 Jahre aufzubewahren. Das BMF weist darauf hin, dass die Aufbewahrung in einer Weise vorzunehmen ist, dass wenn Veränderungen vorgenommen werden, diese nicht in einer Weise erfolgen, dass der ursprüngliche Inhalt nicht mehr erkennbar ist (§ 146 Abs. 4 AO).