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Margin-Trades/Short Sales mit Krypto-Werten sind steuerpflichtig – aber nicht in allen Fällen

Leerverkäufe mit Krypto-Währungen oder Tokens im Privatvermögen sind steuerpflichtig. Hierzu gibt es eine gesonderte Vorschrift, nämlich den § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG. Dieser regelt, dass Veräußerungsgeschäfte, bei denen die Veräußerung von Wirtschaftsgütern früher erfolgt als deren Erwerb, steuerpflichtig sind.

Der Gesetzgeber hatte bei der Schaffung der Norm im wesentlichen Fremdwährungsgeschäfte im Blick. Dabei werden geliehene Fremdwährungen verkauft und zur Glattstellung der Leihe zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurückgekauft, wobei ein Gewinn in der Differenz zwischen einem niedrigeren Rückkaufpreis als dem Verkaufspreis entsteht. Der Leerverkäufer spekuliert also auf einen Wertverfall der Fremdwährung gegenüber der Referenzwährung.


Das gleiche geht natürlich auch mit Krypto-Währungen oder anderen Tokens.

Hierzu folgendes Beispiel:

Der Bitcoin-Kurs beträgt beispielsweise 100.000 $ pro BTC. Anleger Simon erwartet einen Kursrückgang. Er nutzt eine Börse, die Margin-Trading erlaubt (z. B. Binance, Kraken oder Bybit).

Über ein Margin-Konto leiht er sich 0,5 BTC von einem Broker und verkauft diese sofort zum Marktpreis von 100.000 $ pro BTC, also für insgesamt 50.000 $.

Tatsächlich fällt der Kurs auf 80.000 $ pro BTC. Von dem Verkaufserlös von 50.000 $ kauft Simon 0,5 BTC zum neuen Kurs zurück – das kostet ihn nur 40.000 $.

Er erzielt somit einen Bruttogewinn von 10.000 $, von dem noch die Leihgebühren an den Broker abgezogen werden müssen.


Die 10.000 $ im Beispielsfall sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG steuerpflichtig und unterliegen dem individuellen Einkommensteuersatz von Simon.

Die Jahresfrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gilt nicht.


Wichtig zum Verständnis der Regelung ist, dass bei Leerverkäufen die Haltedauer von einem Jahr, die ansonsten gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG im Privatvermögen für Verkäufe von Kryptos gilt, nicht greift. Das bedeutet, dass selbst wenn zwischen dem Leerverkauf und dessen Glattstellung mehr als ein Jahr läge, dennoch der Gewinn steuerpflichtig ist.

Finanzierung von Token-Projekten


Nicht zu verwechseln mit Leerverkäufen sind die in der Branche häufig praktizierten Finanzierungsgeschäfte von Token-Projekten. Dabei verkauft der Initiator eines Projektes die Tokens, die noch erstellt werden müssen, an einen Zwischenhändler zu einem festgelegten USD/EUR-Betrag.

Mit dem Erlös kann sich der Initiator refinanzieren und das Projekt entwickeln. Der Zwischenhändler seinerseits verkauft die noch nicht gestakten Tokens an weitere Investoren zu einem höheren Preis. In diesem Fall handelt es sich um einen Leerkauf und einen Leerverkauf. Werden die Tokens gelauncht, werden die jeweiligen Geschäfte erfüllt. Wenn sich das Geschäft aus Sicht Zwischenhändlers im Privatvermögen abspielt, ist es im Zeitpunkt des Leerkaufs bzw. des Leerverkaufs nicht steuerpflichtig. Das liegt schlicht daran, dass hierfür keine Besteuerungsnorm für diesen Fall existiert. Beim Launch der Tokens werden die Geschäfte allerdings erfüllt. In diesem Augenblick erzielt der Zwischenhändler einen steuerpflichtigen Gewinn.

Würde der Zwischenhändler allerdings im Rahmen eines Gewerbebetriebs tätig und damit Einkünfte nach § 15 EStG erzielen, wäre schon der Gewinn im Zeitpunkt der Leerverkäufe steuerpflichtig.

 

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