
In einem von mir betreuten Fall einer Privatperson, die im Rahmen ihrer privaten Vermögensverwaltung mit NFTs gehandelt hatte, vertrat die Oberfinanzdirektion Karlsruhe die Auffassung, dass dieser Handel umsatzsteuerpflichtig sei.
Im konkreten Fall hatte der Kunde mit NFTs im Wert von 300.000 € gehandelt und ertragsteuerlich einen Verlust aus dem Handel erzielt.
Nachdem der Mandant seine einkommensteuerpflichtigen Umsätze über Cointracker ermittelt und in seiner Steuererklärung angegeben hatte, wollte ihn das Finanzamt für diesen Handel zur Umsatzsteuer veranlagen.
Dabei stellt sich die OFD Karlsruhe auf den Standpunkt, dass der Mandant Unternehmer sei und dem Finanzamt Umsatzsteuer auf den Handel schulde.
Es handelt sich um folgende steuerrechtliche Problemkreise. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Punkten, die mittlerweile geklärt sind und den Punkten, bei denen noch Konfliktpotential mit der Finanzverwaltung besteht.
Inzwischen geklärt sind folgende Punkte:
Handel über OpenSea und LooksRare etc.
Zu Plattformen wie OpenSea ist zu sagen, dass diese nicht als Kommissionäre, sondern als Peer-to-Peer-Vermittler auftreten. Das bedeutet, dass OpenSea lediglich die Plattform für den Handel zur Verfügung stellt, aber nicht in den Handel selbst involviert ist. Umsatzsteuerlich bedeutet dies, dass der Verkauf direkt zwischen dem Verkäufer und dem Käufer des NFT stattfindet. Diese Erkenntnis ist wichtig für die Bestimmung des Leistungsortes, also des Ortes, an dem der Umsatz zu versteuern ist.
Lieferung oder sonstige Leistung
Beim Verkauf von NFT handelt es sich um eine Dienstleistung und nicht um den Verkauf einer Ware. Der Grund dafür ist, dass der Begriff der Ware eng auszulegen ist. Waren sind körperliche Gegenstände. Alles, was keine Ware ist, ist immer eine Dienstleistung. Beim Verkauf eines NFT gegen Entgelt wird dem Erwerber keine Verfügungsmacht über einen körperlichen Gegenstand verschafft. Es liegt daher keine Lieferung vor. Der Grund dafür ist, dass NFT ebenso wie Kryptowährungen auf der Blockchain-Technologie basieren, bei der keine körperlichen Gegenstände entstehen.
Für die umsatzsteuerliche Beurteilung sind hingegen folgende Punkte ungeklärt bzw. strittig:
Unternehmereigenschaft
Der Knackpunkt im folgenden Fall ist die Frage, ob der Kunde Unternehmer ist oder nicht. Nach § 2 Abs. 1 UStG ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt.
Dies bedeutet, dass auch dann, wenn der Handel mit NFT ertragsteuerlich zu einem Verlust führt, eine unternehmerische Tätigkeit im umsatzsteuerlichen Sinne angenommen werden kann.
Entscheidend für die Beurteilung ist, ob eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nachhaltig ausgeübt wird. Dies richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall. Im konkreten Fall hat die Finanzverwaltung den Handel mit NFTs als nachhaltige Tätigkeit angesehen. Dabei stellte sie auf folgende Merkmale des Handels ab:
Der Handel sei auf einen möglichst schnellen und gewinnbringenden An- und Verkauf ausgerichtet gewesen.
Auch die Teilnahme an einem Markt sei gegeben, was den Handel über die Plattformen belege. Die Finanzverwaltung stellt damit den privaten Händler einem Online-Händler gleich, der seine Waren über einen Online-Shop, über Amazon oder eBay verkauft.
Leistungsort
Beim Handel mit NFTs ist entscheidend, wo die Leistung zu versteuern ist. Hinsichtlich der Ortsbestimmung regelt das Umsatzsteuergesetz, dass sowohl der Verkauf von NFTs durch einen Unternehmer an einen anderen Unternehmer als auch an einen Nichtunternehmer am Sitz des Empfängers zu versteuern ist (§ 3a Abs. 2 und Abs. 5 UStG). Für Zwecke der Ortsbestimmung wird der Handel mit NFTs wie eine elektronisch erbrachte Dienstleistung behandelt.
Dies bedeutet, dass beim Verkauf von NFTs an einen Empfänger in Deutschland Umsatzsteuer anfällt, wenn der Verkäufer als Unternehmer anzusehen ist. Ist der Empfänger jedoch in einem anderen EU-Land oder in einem Drittland (alles außerhalb der EU) ansässig, wird die Leistung nicht im Inland, sondern ggf. in dem Land erbracht, in dem der Empfänger umsatzsteuerpflichtig ist.
Der Handel über Plattformen erfolgt in der Regel anonym, da der Verkäufer über die Wallet-Adresse des Käufers nicht feststellen kann, ob dieser in Deutschland oder in einem anderen Land ansässig ist.
Steuersatz
Der Regelsteuersatz beträgt 19 Prozent. Da es sich bei NFTs häufig um Kunstwerke handelt, kommt auch ein Steuersatz von 7 % in Betracht (§ 12 Abs. 2 Nr. 7c) UstG). Allerdings muss im Einzelfall nachgewiesen werden, ob es sich bei dem NFT um ein Kunstwerk handelt oder nicht. Die Einstufung als Kunstwerk ist jedoch nicht einfach. Es muss nachgewiesen werden, dass eine persönliche geistige Schöpfung vorliegt, die auf einer gewissen schöpferischen Individualität beruht und in der der Gedanken- und Gefühlsinhalt des Schöpfers zum Ausdruck kommt. Maschinengenerierte Bilder fallen nicht darunter.
Verteidigungslinien
In der Auseinandersetzung mit der Finanzverwaltung steht die Frage der Unternehmereigenschaft im Vordergrund. Fraglich ist, ob bereits die Teilnahme an einer Plattform wie OpenSea eine Teilnahme am Markt darstellt, die dem Verhalten eines Online-Händlers gleichkommt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Handel mit NFT in der Regel eine private Vermögensverwaltung darstellt, die dem Handel mit Wertpapieren gleichzusetzen ist. Im Gegensatz zum Wertpapierhandel ist der Handel mit NFT nicht umsatzsteuerbefreit.
Weiterhin ist die Frage zu klären, wer die Beweislast für den Verkauf im In- oder Ausland trägt. Grundsätzlich gilt im Steuerrecht der Amtsermittlungsgrundsatz. D. h. die Finanzverwaltung muss den Sachverhalt ermitteln. Der Steuerpflichtige ist allerdings zur Mitwirkung verpflichtet. Da der Handel anonym erfolgt, ist es dem Steuerpflichtigen nicht zuzumuten, den Empfänger zu ermitteln. Es gibt keine generelle Vermutung dahingehend, dass bei Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Empfängers grundsätzlich davon auszugehen ist, dass sich der Empfänger im Inland befindet und damit eine Versteuerung im Inland zu erfolgen hat.